Für die Meinungsfreiheit!

In diesen Tagen wird viel über das Thema Meinungsfreiheit diskutiert. Angeblich darf man in Deutschland nicht mehr frei seine Meinung sagen - und die Opferpose "Man wird doch noch sagen dürfen...." dient dazu, mal wieder so alle Ressentiments raus zu hauen, für die man früher deutlich öffentlich kritisiert wurde. Nichts daran ist neu, nichts am Antisemitismus, nichts an Ausländer- oder Minderheitenfeindlichkeit, nichts an dumpfen Hassparolen. Wer hier "Ausländer raus" brüllt, hat nicht zu befürchten, verhaftet zu werden, erntet manchmal nicht einmal Widerspruch. Ist es also nicht genau umgekehrt?

In diesen Tagen wird viel über das Thema Meinungsfreiheit diskutiert. Angeblich darf man in Deutschland nicht mehr frei seine Meinung sagen – und die Opferpose „Man wird doch noch sagen dürfen….“ dient dazu, mal wieder so alle Ressentiments raus zu hauen, für die man früher deutlich öffentlich kritisiert wurde. Nichts daran ist neu, nichts am Antisemitismus, nichts an Ausländer- oder Minderheitenfeindlichkeit, nichts an dumpfen Hassparolen. Wer hier „Ausländer raus“ brüllt, hat nicht zu befürchten, verhaftet zu werden, erntet manchmal nicht einmal Widerspruch. Ist es also nicht genau umgekehrt?

Gestern schrieb mir jemand auf Facebook in der gespielten Empörung, die in diesen Zeiten Konjunktur hat, dass das, was früher konservativ und normal gewesen sei, heute schon als rechtsradikal gelte. In Wirklichkeit scheint mir, dass rechtsradikales Denken inzwischen bis in bürgerliche Kreise hinein hoffähig geworden ist.

Auch mir wird oft vorgeworfen, ich hielte nicht viel von Meinungsfreiheit. Das Gegenteil ist der Fall. Ich streite mich im Parlament und überall sonst leidenschaftlich gerne über politische Inhalte mit demokratischen Konkurrenten. Das ist das Salz in der Suppe der Demokratie – wenn sich die demokratischen Parteien in ihrem Profil nicht klar unterscheiden, werden aus Protest gegen „die da oben…“ radikale Protest-Parteien oder gar nicht gewählt.

Darunter leidet unsere Demokratie, es wird nämlich eher zu wenig als zu viel gestritten und leidenschaftlich debattiert. Konsenssauce und technokratischen Politiksprech, sowie opportunistische Inhaltsverweigerung haben wir doch wirklich nicht zu wenig. Für mich ist es Ausdruck von Respekt, mit anderen leidenschaftlich in der Sache zu streiten, auch polemisch und auch mal rustikal, aber immer noch der Sache willen. So macht man sich auch mal angreifbar, trifft auch mal den falschen Ton, aber man lebt Demokratie.

„Ich teile Ihre Meinung zwar nicht, aber Sie haben wenigstens eine“, das höre ich nicht selten auf der Straße.

Gerade in diesen Zeiten ist es gut, wenn Orientierung auch erkennbar gegeben wird.

Wenn die ganze Republik nach rechts rückt, darf und wird die SPD nicht mitrücken!

Wir kennen aus unserer langen Geschichte die Feinde der Demokratie sehr genau!

Wir verteidigen aus voller Überzeugung die Meinungsfreiheit auch dann, wenn uns Meinungsäußerungen unangenehm sind.

So müssen wir Sorgen und Ängste auch dann ernst nehmen, wenn sie unsachlich daherkommen und uns objektiv ungerechtfertigt erscheinen. Es gilt immer noch und sogar eher noch mehr, was Sigmar Gabriel 2009 auf dem Dresdner Parteitag so beschrieben hat: Sozialdemokraten müssten gerade dahin gehen, „wo es brodelt und stinkt“, wo es also was zu tun gibt. Gilt doch für die SPD Willy Brandts Credo, Politik tauge nur etwas, „wenn sie das Leben der Menschen besser macht“.

Allerdings geht es da um die Menschen, die noch nicht vollständig verloren sind. Eigentlich soll man ja gar keinen Menschen aufgeben oder abschreiben. Dennoch: Gemeint sind nicht diejenigen, die Nazitypen fahnenschwenkend hinterherlaufen und auch nicht die Biedermänner, die eigentlich Brandstifter sind. Nicht die, die Frauenrechte erst und nur im Munde führen, wenn ausländische Täter (die es natürlich auch gibt, was weder geleugnet noch bagatellisiert werden sollte) dafür verantwortlich sind – ansonsten aber ihrer deutschen Mutterkreuzideologie verhaftet bleiben. Auch und schon gar nicht diejenigen, die von Verteidigung des christlichen Abendlands schwafeln, aber das Gegenteil christlicher Nächstenliebe propagieren.

Nein, man muss schon genau hinsehen!

Hetze gegen andere Menschen, Nazi-Parolen, Gewaltaufrufe sind nämlich etwas völlig anderes. Volksverhetzung ist in Deutschland zu Recht ein Straftatbestand. Es gibt kein Recht auf Rassismus – Leute, die sich so äußern sind Rassisten! Die Brandreden der Demokratiefeinde heute sind die Brandsätze von morgen.

Ich bleibe dabei und sage das mit vollem Ernst:
AFD & PEGIDA & Co. sind direkt politisch verantwortlich für fast täglich stattfindende Gewalttaten gegen Flüchtlinge, Brandanschläge gegen Flüchtlingsunterkünfte usw.

Demokratiefeinde darf und muss man so nennen!

Die, die beklagen, dass es angeblich keine Meinungsfreiheit in Deutschland gebe, dass wir eine „Lügenpresse“ und Systemparteien hätten, propagieren ein System, in dem es tatsächlich keine Meinungsfreiheit geben würde, da würden nur die anderen verfolgt, säßen andere im Gefängnis oder Schlimmeres. Es gibt genug Orte auf der Welt, an denen man dies feststellen kann.

Wer hier Homosexuelle zählen will, die Todesstrafe für demokratische Politiker fordert und über Schußwaffeneinsatz gegen Flüchtlingsfamilien an deutschen Grenzen phantasiert – das propagieren nicht die Pförtner, sondern Vorstandsmitglieder der AFD – der muss jedenfalls mit dem entschiedenen Widerstand von uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten rechnen. Auch wenn man dafür in den sozialen Netzwerken mit Nazimüll, mit Schmähungen und Drohungen so überhäuft wird, dass man mit Löschen, Sperren und Strafanzeigen kaum nachkommt.

Darüber beklage ich mich gar nicht, denn bei manchen sind das ja offenkundig schwere psychische Störungen oder unkurierbare Dummheit, die sie dazu bringt, sich öffentlich dermaßen zu blamieren. Andere sind so schlau, das unter Tarn- und Phantasienamen anonym zu tun. Hier bleibe ich aber dabei, dass wir eine Debatte über Anonymität im Netz brauchen, wenn es um politische Debatten in einer Demokratie geht.

Bewundernswert finde ich Journalistinnen wie Dunja Hayali oder Anja Reschke, die sich dem in jeder Weise und besonders gegen Frauen unsäglichen Shitstorm öffentlich entgegenstellen, nicht ohne aus konservativen Kreisen dafür auch noch kritisiert zu werden. Keine Meinungsfreiheit?
Da muss ich was verpasst haben?

Die geschmähten „Gutmenschen“ werden mehr als heftig attackiert, gerade so, als ob die „Schlechtmenschen“, die Angstmacher und Hetzer in der Mehrheit wären. Sind sie aber definitiv nicht. Ich bin sicher, dass Humanität in Deutschland immer noch mehrheitsfähig ist – aber die Meinungsfreiheit ist wirklich nicht ernsthaft bedroht.

Auch und gerade junge Menschen müssen erfahren, wie wichtig Meinungsvielfalt ist und dass Meinungsfreiheit nicht heisst, dass man Unsinn und Propaganda nicht widersprechen darf. Man muss lernen, das eine von dem anderen zu unterscheiden.

Es wird auch viel Dummes gesagt, auch das darf man – davon machen ja viele umfassend Gebrauch, sogar Spitzenpolitiker.

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Bundesvorsitzende tut dies zum Beispiel geradezu extensiv und täglich. Wer das Deutschland von 2016 („hier herrscht das Unrecht“) so schildert, als habe Herr Orbàn, Herr Putin oder der Herr aus Pjöngjang hier die Macht übernommen, mag nicht ganz bei Trost sein, aber er darf dies, ohne ein Amtsenthebungsverfahren befürchten zu müssen.

Nein, um die Meinungsfreiheit ist es im Vergleich zu anderen Teilen der Welt immer noch ganz gut bestellt.

Unsäglich viel Niveaulosigkeit, schlechten Geschmack und eine aufgeheizte politische Stimmung mit hysterischen öffentlichenDebatten über die Flüchtlingspolitik gibt es dagegen schon.

Aber es gibt eben auch ganz viele Menschen, die helfen und für andere da sind, die ein freundliches Deutschland zeigen und nicht das hasserfüllte und hässliche Land der Angstmacher.

Vor Jahrzehnten flohen Menschen aus Deutschland, weil von hier Krieg und Vernichtung ausgingen und die Diktatur der Nazis eine bis dato unbekannte Barbarei betrieb, die Millionen Tod und Elend brachten.

Heute fliehen Menschen vor Krieg, Verfolgung und Elend nach Deutschland und setzen ihre Hoffnungen und Träume auf unser Land. Was für ein schöner Unterschied?!

Ja, die Herausforderungen sind zweifellos groß und wir können gewiss nicht alle Menschen bei uns aufnehmen oder womöglich alle diese Hoffnungen und Träume erfüllen.

Was wir aber können, ist von unserer Meinungsfreiheit Gebrauch machen: Für Integration und Vielfalt, für Toleranz und ein soziales, gerechtes Deutschland streiten!

Den Demokratiefeinden, den Angstmachern und Lügnern, den Propagandisten der Gewalt entschlossen die Stirn bieten und mit Herz und Verstand, mit Leidenschaft und Konsequenz öffentlich widersprechen – das können wir und das sollten wir – nein das müssen wir auch tun!

Für die Meinungsfreiheit!