Die aktuelle öffentliche Debatte über Steuerkriminalität hat Schlagseite! Denn die strafbefreiende Selbstanzeige millionenschwerer Steuerkrimineller ist im Kern ein Relikt aus der Zeit einer feudalen Gesellschaftsordnung, in der Kriminalität je nach sozialer Stellung unterschiedlich verfolgt wird.
Wenn sich ein Jugendlicher wegen eines harmlosen Deliktes selbst anzeigt, bekommt er bestenfalls eine Strafminderung. Wer aber durch Steuerhinterziehung millionenfach Schaden am Gemeinwohl anrichtet, kommt eventuell straffrei davon – manche kalkulieren ganz locker mit Verjährungsfristen und rühmen sich der „ehrlichen Nachzahlung“. Die strafbefreiende Selbstanzeige ist zu einem lukrativen Geschäftsmodell für Steueranwälte geworden, die für ihre Klienten die fiskalisch attraktivste Lösung wählen.
Die Selbstanzeige erfolgt meistens nicht aus Reue, sondern aus Angst vor der JVA. Der stärkere Verfolgungsdruck durch den Ankauf von sogenannten „Steuersünder-CDs“ hat zu einem deutlichen Anstieg der Nachzahlungen geführt – und eben nicht zu den von Kubicki beschrieben sinkenden Steuereinnahmen. Nicht die Debatte über die Selbstanzeige ist also skandalös, sondern das Selbstmitleid ertappter Steuerkrimineller, die sich als Opfer gerieren, obwohl sie Täter/innen sind.
Wer einen Irrtum begeht im komplizierten Steuerrecht, wer Bagatellvergehen verursacht, sollte nicht bestraft werden. Aber geheime Schweizer Konten oder Briefkastenfirmen in der Karibik haben normale Arbeitnehmer nicht, ihnen wird die Steuer automatisch vom Lohn abgezogen. Wir reden hier über die Kriminalität der Oberschicht und selbsternannter Eliten, die das Gemeinwesen abzocken und damit öffentliche Investitionen beispielsweise in Bildung verhindern. Ich plädiere für die konsequente Verfolgung von Steuerkriminalität und gegen die strafbefreiende Selbstanzeige!