Haushaltsvorschläge sind in vielen Teilen sozial ungerecht und ruinös

Am 25. Mai hat die Schwarz/Gelbe Regierung die Katze aus dem Sack gelassen und ihre Sparpläne für das Land präsentiert. Ich halte diese Vorschläge für in vielen Teilen sozial ungerecht und ruinös.

Am 25. Mai hat die Schwarz/Gelbe Regierung die Katze aus dem Sack gelassen und ihre Sparpläne für das Land präsentiert. Ich halte diese Vorschläge für in vielen Teilen sozial ungerecht und ruinös.

1. Haushaltskonsolidierung in Schleswig-Holstein dringend notwendig: Das drastische Ungleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben, die Schuldenbegrenzung in der Landesverfassung, die Haushaltsrisiken aus der Wirtschafts- und Finanzkrise und die Notwendigkeit, Gestaltungsspielräume für die Zukunft zu erhalten, machen eine Haushaltskonsolidierung und einschneidende Maßnahmen dafür zwingend notwendig.

2. Haushaltskonsolidierungskonzept muss nachhaltig und gerecht sein: Wenn die Zukunft gesichert, der soziale Frieden und die Demokratie nicht gefährdet werden sollen, muss der Kurs für die Haushaltskonsolidierung nachhaltig und gerecht sein. Um eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung erreichen zu können, müssen gleichzeitig die richtigen Prioritäten gesetzt (Investieren in die Zukunft)

  • die Ausgabenkürzungen auf die Posterioritäten (nachrangige Politikbereiche) konzentriert,
  • notwendige Strukturveränderungen (z. B. Verwaltungsreform, Bürokratieabbau) angepackt,
  • Einnahmeverbesserungen erreicht,
  • eine faire Altschuldenregelung für Land und Kommunen ausgehandelt werden.

Gerecht ist der Haushaltskonsolidierungskurs nur, wenn die Maßnahmen weder eine soziale noch regionale Schlagseite haben und diejenigen am stärksten belasten, die das am besten verkraften können. Milliardensummen für Finanzmärkte bei gleichzeitiger sozialer Kahlschlagpolitik stellt den Primat der Politik in Frage und bewirkt Gefahren für die Demokratie (HSH Nordbank bis Euro-Rettungspaket).

3. Konstruktiver Oppositionskurs der SPD und eigenständiges Konsolidierungskonzept: Die SPD hat sich immer konstruktiv an den Diskussionen beteiligt und beispielsweise gemeinsam mit der Union in der Großen Koalition noch im Juli 2009 erhebliche Stellenkürzungen beschlossen, die durch Altersabgänge in der Verwaltung möglich und vertretbar erschienen.

Die SPD-Fraktion wird alle Vorschläge aus den Regierungsfraktionen und von der Landesregierung sorgfältig prüfen. Insofern kann die heutige Bewertung nur ein erster Eindruck sein.

Die SPD wird nach ihrer Fraktionsklausur Ende Juni ein eigenständiges Konsolidierungskonzept vorlegen, das kein alternativer Haushaltsentwurf sein kann, aber den oben genannten Anforderungen entsprechen und alle Elemente enthalten soll, die für eine Konsolidierung des Haushalts aus unserer Sicht erforderlich sind.

4. Schwarz-gelbe Vorschläge setzen keine/falsche Prioritäten und beschädigen besonders im Bildungsbereich die Zukunft des Landes: Die Kürzungsliste von Schwarz-Gelb setzt die falschen Prioritäten bzw. setzt überhaupt keine Prioritäten. In wichtigsten Zukunftsbereichen wie Bildung, Kinderbetreuung, Klimaschutz, wo nicht gekürzt werden darf, sondern vielmehr weiter investiert werden muss, passiert entweder gar nichts oder es wird erheblicher Rückschritt beschlossen. Beispiele hierfür sind:

  • Das teuere Schulchaos (Y-Modell finanziert durch Mehrarbeit, Aufkündigung Schulkonsens: letzte Legislaturperiode 65 von 69 Abgeordneten für Schulgesetz, Verärgerung bei Eltern, Schülern, Lehrern, Schulträgern);
  • die Eltern werden in Schleswig-Holstein massiv mehr belastet (doppelter Wortbruch bei der Schülerbeförderung, Wahlbetrug beim Thema Kita-Beiträge, die Eltern sollen die Verbesserung durch die Aufhebung des 60-Mio-Deckels in der Kita-Förderung selbst bezahlen). Insgesamt verschlechtern sich die Bildungschancen massiv und der Aufstieg hängt wieder und noch stärker vom Geldbeutel der Eltern ab als ohnehin. Durch den Rückschritt im Schulbereich wird Geld verschwendet, kommunale Planungen behindert oder umgestoßen, teure Folgekosten verursacht;
  • die Vorschläge der Koalitionsfraktionen und der Landesregierung zur Hochschulpolitik bedeuten den Abbau von Studienplätzen und beschädigen die hochschulstandorte Flensburg und Lübeck bzw. ruinieren sie sogar. Die beabsichtigte Privatisierung des UKSH mit Vorankündigung bleibt ein Wort- und Vertragsbruch gegenüber den Beschäftigten, verschlechtert die Situation in der Hochleistungsmedizin, beschädigt den Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein und trifft einen der wenigen Bereiche, in dem Schleswig-Holstein erstklassig ist.
  • Im Bereich Klimaschutz gibt es überhaupt keine Aktivitäten, außer der weiterhin falschen Energiepolitik und Kürzungen im Umweltbereich.

5. Streichungen und Kürzungen mit Rasenmäher und z. T. katastrophale Folgen: Wo die Prioritäten fehlen, fehlen auch die Posterioritäten, die sich für dringend notwendige Ausgabenkürzungen anbieten. Dadurch wird an manchen Stellen zu wenig gekürzt und an anderen irreparabler Schaden angerichtet.

  • Positiv: Es ist richtig, bei der einzelbetrieblichen Förderung zu kürzen, die keine strukturellen Effekte hat (das war ein Vorschlag der SPD, den die Union vorher abgelehnt hatte).
  • Es ist auch richtig, Personalstellen zu streichen statt am Personal zu kürzen. Hierzu gab es Vereinbarungen zum Ende der Großen Koalition, die auch mögliche Stellenkürzungen durch altersbedingt ausscheidende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter enthalten. Wo bleiben die angekündigten konkreten Angaben zum Aufgabenabbau?
  • Es ist richtig, Altersteilzeitmodelle neu zu prüfen; die erneute Verschlechterung bei der Beihilfe ist kritisch zu sehen.
  • Die angekündigten Kürzungen bei Häfen, im Tourismus und bei der Technologieförderung werden wir auf ihre Effekte prüfen.
  • Die Veränderung beim Zweckvermögen Wohnungsbau sieht die SPD sehr kritisch.
  • Rasenmäherkürzungen, die teilweise den Tod kleiner Initiativen und Einrichtungen bedeuten, die das gar nicht verkraften können (z. B. im Kultur- und Sozialbereich, aber auch bei Weiterbildungseinrichtungen), sind die falsche Methode. Besser ist es, eine Förderung, die nicht benötigt wird, ganz zu streichen, prozentuale Kürzungen dagegen nach Priorität, Posteriorität und vor allem Leistungsfähigkeit der Zuwendungsempfänger zu staffeln.
  • Manche der Kürzungen haben soziale Schlagseite (Blinde, behinderte Menschen, Wohlfahrtsverbände, Studentenwerk, Frauenberatungsstellen usw.).

6. Kürzungen beim politischen Personal unvollständig: Die Kürzungen bei den politischen Spitzenämtern sind unvollständig bzw. folgen nicht dem gleichen Maßstab. Um es ganz deutlich zu sagen: Natürlich besteht die Bereitschaft der SPD-Fraktion und sicher auch der anderen Oppositionsfraktionen, an Einsparungen bei den Spitzenfunktionen im Landtag mitzuwirken (wobei eigentlich ein vernünftiger Stil bedeuten würde, dass das Parlament hierzu selbst Vorschläge macht und nicht die Parlamentsmehrheit bzw. eine vom Finanzminister geleitete Kommission). Aber während die Kürzungen beim Parlament, das die Regierung kontrolliert, unmittelbar wirksam werden sollen, sind die Kürzungen bei der Exekutive alle bezogen auf zukünftige Posteninhaber. Das gilt für die Staatssekretäre – wo bleibt das Vorbild aktuell wirkender Gehaltskürzungen für den Ministerpräsidenten selbst und seine Minister und Staatssekretäre? (Änderung Ministergesetz etc.) Gar nichts hören wir über die Selbstausstattung des Regierungsapparates.

7. Verwaltungsreform – Fehlanzeige: Dringend notwendige Strukturerveränderungen im Bereich von Verwaltungsreformen werden überhaupt nicht angegangen (komplette Fehlanzeige). Zur konkreten Aufgabenverlagerung vom Land auf Kommunen und größere Ämter erfährt man nichts. Konkreten Bürokratieabbau gibt es nicht, konkrete Initiativen im Kontext von neu zu ordnenden Bund-Länder-Zuständigkeiten fehlen. Die Veränderungen bei der Katasterverwaltung müssen geprüft werden, eine Privatisierung sieht die SPD-Fraktion kritisch.

8. Ohne Einnahmeverbesserungen bleibt alles zwecklos: Zu dringend erforderlichen Einnahmeverbesserungen findet sich im Papier der Fraktionen und der Regierung nahezu nichts – außer dem vagen Hinweis, dass man nicht auch noch zusätzliche Steuersenkungen vorschlagen will. Wo bleibt die Rücknahme der Steuergeschenke für Hoteliers und reiche Erben und eine BR-Initiative zur Änderung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes in diesen Punkten? Die dadurch freiwerdende Summe entspräche der Investitionsrate des Landes beim Investitionsmasterplan des UKSH oder zwei beitragsfreien Kita-Jahren.

  • Im übrigen verbirgt sich auch hier eine Unwahrheit der Landesregierung im Kontext mit dem Bildungsgipfel, wo angeblich Hilfen für Schleswig-Holstein als Gegenleistung vereinbart worden sein sollen, die jetzt einkassiert werden bzw. gar nicht gegeben worden sind. Es soll sogar das Gegenteil passieren, indem Anteile aus dem Hochschulpakt für Schleswig-Holstein auf andere Länder übertragen werden sollen (Studienplatzabbau).
  • Andere Einnahmeverbesserungen im Land (Grunderwerbsteuer etc.) wird die SPD ernsthaft prüfen.
  • Weitere steuerliche Vorschläge (Spekulationssteuer, Vermögenssteuer, Kernbrennstoffabgabe etc.) fehlen. Die SPD hält die Mitwirkung über den Bundesrat für dringend notwendig, das ist Teil der Verantwortung der Landesregierung und mitnichten außerhalb eines notwendigen Konsolidierungskonzeptes.
  • Deswegen ist das Argument falsch, eine reine Kürzungsliste sei alternativlos und jeder, dem eine Maßnahme nicht passe, müsse einen gleich dotierten Vorschlag machen.

9. Faire Altschuldenregelung für Land und Kommunen zwingend: Eine faire Altschuldenregelung für Land und Kommunen bleibt auf der Tagesordnung.

  • Bei einem strukturellen Defizit von über 1 Milliarde € und drastischen Strukturschwächen in einzelnen Kommunen (insbesondere Städte) ist eine nachhaltige Lösung ohne eine faire Altschuldenregelung aussichtslos. (Wo bleibt eine Initiative zusammen mit anderen Ländern und deren betroffenen Kommunen?)
  • Wo bleibt eine vernünftige Reform des KFA statt einer Politik gegen die Städte wie im Landesentwicklungsplan?

Während die Regierung behauptet, sie greife nicht in den KFA ein, wird die Lage der Kommunen weiter verschlechtert und nichts zur Lösung der kommunalen Probleme unternommen.

10. Resümee: Das vorliegende Papier ist gemessen an der langen Vorbereitungszeit in weiten Teilen erstaunlich unkonkret, z. T. sogar schlampig oder willkürlich und verzichtet in vielen Bereichen auf solide Berechnungsgrundlagen.

Der Vergleich mit anderen Ländern (Benchmarking) ist oft irreführend und wird z. T. (wie bei den Hochschulen) bewusst unterlassen. Das Papier enthält insofern mehr Fragen als Antworten, was die Zukunftsprobleme des Landes betrifft.

Schwarz-Gelb duckt sich davor, eine wirkliche Prioritäten- und Posterioriätensetzung vorzunehmen. Die Koalition hat keinerlei Vorstellungen, wie sie die Einnahmen des Landes und der Kommunen verbessern kann. Vielmehr beharrt sie auf den nahezu einhellig abgelehnten Steuergeschenken, die Land und Kommunen jährlich 130 Mio € kosten. Das als historisch bezeichnete Einsparpaket deckt in den nächsten Jahren nicht einmal die Mehrkosten, die Schleswig-Holstein aus dem fatalen Steuerpaket dauerhaft entstehen.

Weitere Einnahmen für Land und Kommunen durch konsequente Verwaltungsstrukturreform sind möglich und müssen genutzt werden. Für die SPD bleibt das auf der Tagesordnung.

Durch Streichen der Beitragsfreiheit für das 3. Kita-Jahr, die Kosten für die Schülerbeförderung kürzt Schwarz-Gelb im wichtigsten Zukunftsbereich der Bildung. Das trifft insbesondere Familien mit mehreren Kindern, die nicht zu den Besserverdienenden gehören.

„Kein Kind ohne Mahlzeit“ wird nicht gesichert, bei der Blindengeldkürzung trifft die Koalition die Ärmsten und die Benachteiligten, Kürzungen bei der Kultur, die dazu führen, dass Institutionen aufgeben müssen oder die Qualität sinkt, schaden der ganzen Gesellschaft, treffen die Beschäftigten, die dadurch ihre Arbeitsplätze verlieren, direkt. Das gilt auch für die Privatisierungspläne für das UKSH. Es droht die Gefahr, dass all diejenigen, die sich zu Sparbeiträgen für die Sanierung sogar vertraglich verpflichtet haben, auf der Strecke bleiben, denn private Betreiber wollen Renditen erzielen und bauen in der Regel Arbeitsplätze ab, was zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen des verbleibenden Personals führt.

Mit dem Einfallstor für private Institute bei öffentlich-rechtlichen Sparkassen stellt Schwarz-Gelb die bewährte flächendeckende Kreditversorgung für Bürger sowie klein und mittelständische Betriebe zur Disposition. Auch beim Glücksspielstaatsvertrag drohen
privatisierungsbedingte Mindereinnahmen.

Das große Pathos bei den Ankündigungen nach einem intransparenten Verfahren ist in Teilen Hochstapelei und anmaßend gegenüber Vorgängerregierungen. Es löst die Herausforderungen nicht, es ist in vielen Teilen sozial ungerecht und ruiniert die Zukunft.

Wir haben es mit einer Kette von Wahlbetrug und Wortbrüchen (UKSH; Polizei, Kita-Gebühren, Schülerbeforderung und Sparkassengesetz) zu tun. Das ist geradezu das Markenzeichen der Regierung Carstensen.

Die Proteste im ganzen Land werden die 1-Stimmen-Mehrheit in der Koalition auf die Probe stellen. Wir sind sehr gespannt, ob auch alle Abgeordneten der Volkspartei CDU diesem weitgehend von der FDP diktierten Kurs folgen werden.

Die Kürzungsliste ist mitnichten alternativlos, wie Herr Carstensen behauptet. Wäre das so, dass Wahlbetrug, Wortbrüche und Rasenmährerkürzungen alternativlos sind, dann wäre die Politik am Ende und die Demokratie auch. All dies verlangt eine solide Alternative.

Die Möglichkeiten einer Opposition sind fraglos begrenzt und diese Alternative braucht auch Zeit. Unsere Vorschläge werden auch Ausgabenkürzungen enthalten, die nicht populär sind und schmerzen, aber eben auch andere Elemente. Die Details unseres Konsolidierungskonzeptes wird die SPD-Fraktion auf der Haushaltsklausur Ende Juni festlegen.