Zu den Vorwürfen des Focus

Zu den Vorwürfen des Focus habe ich heute einen E-Mail an alle Mitglieder der SPD Schleswig-Holstein geschickt, die ich per Mail erreichen kann. Diese Mail möchte ich nun auch hier zur Verfügung stellen.

Zu den Vorwürfen des Focus habe ich heute einen E-Mail an alle Mitglieder der SPD Schleswig-Holstein geschickt, die ich per Mail erreichen kann. Diese Mail möchte ich nun auch hier zur Verfügung stellen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

diesen Brief schreibe ich Euch, weil derzeit heftige öffentliche Vorwürfe gegen mich gerichtet werden und dabei neben infamen Behauptungen auch vor Rechtsverstößen nicht Halt gemacht wird. Darüber will ich Euch auf diesem Wege schnell und umfassend informieren. Ich habe heute in einem Hintergrundgespräch versucht auch den Journalisten in Schleswig-Holstein alle diesbezüglichen Fragen zu beantworten. Das Ergebnis werdet ihr morgen in den Medien nachvollziehen können.

Die fünf zentralen Punkte sind:

  1. Carstensen sagt die Unwahrheit mit seiner Behauptung, es sei mir in dem Telefonat im September 2007 im Zusammenhang mit dem Termin meines Ausscheidens aus der Landesregierung um Fragen der Altersversorgung gegangen. Dazu hat Lothar Hay am Freitag (19. Februar 2010) gegenüber dem NDR erklärt:

    „Ich saß bei dem fraglichen Telefonat, auf das Herr Carstensen Bezug nimmt, unmittelbar neben Herrn Stegner und bestätige, dass es Herrn Stegner bei der damals getroffenen Vereinbarung, sein Ausscheiden aus der Landesregierung zum 15. Januar 2008 zu vollziehen, ausdrücklich nicht um Pensionsansprüche ging. Es ging Herrn Stegner um die Erledigung von Arbeiten im Zusammenhang mit der Verwaltungsstrukturreform. Da zum damaligen Zeitpunkt seine Altersversorgung durch die Vorzeiten als Staatssekretär und Minister längst geregelt war, sind die Behauptungen von Herrn Carstensen, Herr Stegner habe um seine Pension gefeilscht, völlig widersinnig. Die Herrn Stegner zugeschriebenen Äußerungen hat er in dem Telefonat, bei dem ich anwesend war, nicht gemacht.“

    Der SPD-Landesverband hat heute eine Unterlassungsverfügung an den Ministerpräsidenten auf den Weg gebracht, um solche Äußerungen künftig auszuschließen.

  2. Wegen der Weitergabe eines internen Briefwechsels zwischen mir und dem Staatssekretär im schleswig-holsteinischen Innenministerium Dornquast an das Nachrichtenmagazin Focus habe ich Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.
  3. Ich habe den früheren Landtagspräsidenten Kayenburg (CDU) gebeten, Einblick in alle meine diesbezüglichen Unterlagen zu nehmen (d. h. auch die Steuerklärungen), um jeden Eindruck auszuräumen, ich hätte etwas zu verbergen. Er hat dem erfreulicherweise zugestimmt.
  4. Nach dieser Veröffentlichung habe ich meinerseits nun kurzfristig – im Rahmen dieses laufenden Verfahrens – die Rechtslage auch anwaltlich prüfen lassen und muss feststellen, dass die mir gegebenen Auskünfte wohl nicht vollständig korrekt waren. Ich habe also den Fehler gemacht, mich alleine auf die telefonischen Auskünfte von MitarbeiterInnen der zuständigen Fachreferate zweier Landesministerien gestützt zu haben und nicht einen eigenen Rechtsbeistand eingebunden zu haben. Es handelt sich dabei offenkundig um einen Rechtsirrtum, den ich sehr bedauere.
  5. Wenn eine solche Entscheidung seitens des Ministeriums erfolgen sollte, wozu ich den Staatssekretär Dornquast heute in einem weiteren Schreiben gedrängt habe, werde ich sowohl die Zahlung an die Landeskasse unverzüglich veranlassen, als auch die Steuererklärung für 2008 in den Einkünften nach unten korrigieren. Das Verfahren wäre damit dann abgeschlossen. Der Rufschaden bleibt bei mir – aber das war wohl auch so beabsichtigt!

Vorweg ein persönliches Wort:

Ihr kennt mich als einen Vorsitzenden, der offensiv die Positionen der SPD vertritt. Ich habe mich nie vor harten Auseinandersetzungen in der Sache gescheut und ich bin mir meiner sehr klaren Ausdrucksweise bewusst. Dieser Stil der politischen Auseinandersetzung ist auch innerhalb der Partei nicht unumstritten, das weiß ich. Der Diskussion dazu habe ich mich innerparteilich und öffentlich vor und nach der Landtagswahl gestellt. Dass ich einstecken können muss, gehört zu meinem Job. Doch mit den infamen Anschuldigungen und Vorgängen der vergangenen Tage ist für mich ganz klar die Grenze des politischen Anstands seitens politischer Konkurrenten deutlich überschritten. Hier geht es um eine Kampagne mit schmutzigen Tricks, die auch mindestens einen Rechtsverstoß beinhaltet.

Es ist sehr bedauerlich und bin es leid, dass seitens des politischen Gegners wieder einmal nicht die politische Auseinandersetzung mit der SPD oder mit mir gesucht wird, sondern allein auf die Diskreditierung meiner Person abgezielt wird. Dabei bin ich – nach all den Jahren politischer Erfahrung – schockiert, auf welche Art und Weise dies geschieht. Und ich bin verletzt ob der politischen und moralischen Einordnung der
Vorwürfe.

Mir tut es leid, dass der Angriff der politischen Konkurrenz, der allein der Diskreditierung meiner Person als SPD-Landesvorsitzender gilt, auch mit auf Euren Schultern lastet. Hier wird der krude Versuch unternommen, eine Partei von der Spitze her unglaubwürdig zu machen. Dies gilt insbesondere für das Engagement für mehr soziale Gerechtigkeit, zu dem ich mich oft deutlich und streitbar bekenne – gerade in Zusammenhang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise und auch bezüglich der unanständigen Millionenzahlungen an HSH Nordbank-Manager.

Die brisante Mischung aus einerseits HSH, Vergütungen, Manager-Boni und andererseits Hungerlöhne, Bagatellkündigungen, Kinderarmut und Hartz IV-Debatte bilden den Nährboden für das große Verhetzungspotential, dass in solchen Vorwürfen, wie sie derzeit gegen mich erhoben werden, steckt. Herr Kubicki hat sich in dieser Hinsicht bereits klar und deutlich artikuliert, spricht von „Raffke-Verhalten“ und kreiert das Bild von der Verkäuferin, der ich nicht mehr in die Augen sehen könne.

Dieser Versuch die politisch-moralische Autorität der SPD und ihres Vorsitzenden weiter zu untergraben, wird scheitern! Denn es bleiben die Parteien FDP und CDU und ihre Protagonisten, die mit ihrer Politik Klientelinteressen bedienen, Eigennutz vor Gemeinwohl stellen und somit unsere Gesellschaft weiter und schneller spalten. Ihr könnt euch sicher sein, dass ich mir nicht die politisch-moralische Autorität nehmen lasse, gesellschaftliche Ungerechtigkeiten klar und deutlich auszusprechen und die entsolidarisierende Politik von schwarz-gelb zu kritisieren und die Alternativen der SPD glaubhaft darzustellen. Dazu ist es aber auch erforderlich, dass auf mir nicht der Vorwurf lastet, mich bereichert zu haben oder etwas verborgen zu haben und das kein entsprechendes Fehlverhalten bei mir vorliegt.

Nun zu den Vorgängen und Vorwürfen selbst:

Seit einer Vorabmeldung des Magazin FOCUS, die am Samstag erschien, steht die schwerwiegende Anschuldigung im Raum, dass ich mich auf Kosten des Landes persönlich bereichert haben soll.

Diese Unterstellung empfinde ich als empörend und ehrverletzend. In all den Jahren meiner Zugehörigkeit zur Landesregierung und als Abgeordneter des Landtages habe ich stets nach bestem Wissen meine Pflichten gegenüber dem Land erfüllt. Dies ist für mich als Politiker – zu mal als Sozialdemokrat – eine Selbstverständlichkeit.

Der Bericht des FOCUS beruft sich auf einen vertraulichen Schriftwechsel zwischen dem CDU-Staatssekretär im Innenministerium, Herrn Dornquast, und mir, der dem FOCUS zugespielt wurde. Dieser Briefwechsel dokumentiert ein offenes Verfahren zwischen dem Innenministerium und mir, wie die Bezüge aus der Aufsichtsratstätigkeit bei der HSH Nordbank aus dem Jahr 2007 bezüglich der Erklärungs-, Ablieferungs- und Versteuerungspflichten zu behandeln sind.

Nach meinem Brief zur weiteren Klärung dieses Sachverhaltes erhielt ich keine Antwort seitens des Staatssekretärs, stattdessen erhielt ich rund zwei Wochen später einen Anruf vom FOCUS, Ihnen sei dieser Briefwechsel zugespielt worden und sie würden dazu die oben genannte Berichterstattung am folgenden Tag vorveröffentlichen.

Die Herausgabe eines persönlichen Briefwechsels seitens der Landesregierung ist widerrechtlich erfolgt. Es ist ein Skandal, dass diese gezielte Indiskretion zur politischen Diffamierung eingesetzt wurde. Dieser Vorgang erinnert mich an längst überwunden geglaubte Zeiten in Schleswig-Holstein. Ich setze mich deshalb auch rechtlich zur Wehr und werde heute Strafanzeige gegen Unbekannt stellen.

Wie ihr meiner im Internet veröffentlichten umfangreichen Erklärung zur Sachlage entnehmen könnt, habe ich immer, wenn solche Einkünfte eingingen, Kontakt zu den zuständigen Referaten des Finanz- und Innenministeriums aufgenommen, um meinen Pflichten was Offenlegung, Abführung und Versteuerung angeht vollständig, prompt und korrekt nachkommen zu können. Auf diese Auskünfte konnte ich stets vertrauen und habe entsprechend dieser Ratschläge gehandelt.

Das galt auch für das Jahr 2008: Nach meinem Ausscheiden aus der Landesregierung habe ich nach vorheriger Konsultationen mit den MinisteriumsmitarbeiterInnen gegenüber dem Landtagspräsidenten die erforderlichen Erklärungen abgegeben und die Einkünfte vollständig versteuert.

Angesichts der bisherigen Praxis, Einkünfte ausschließlich bezogen auf das Jahr des Zuflusses zu betrachten, wurde ich nicht darauf hingewiesen, dass ich auch nach meinem Ausscheiden aus dem Amt des Innenministers einer Ablieferungspflicht im Jahr 2008 unterliege.

Worum es also in der Sache lediglich geht, ist die tatsächliche Praxis der korrekten Abführungswege, nicht etwa ein Streit um Abführungspflichten!

Nach dieser Veröffentlichung habe ich meinerseits nun kurzfristig – im Rahmen dieses laufenden Verfahrens – die Rechtslage auch anwaltlich prüfen lassen und muss feststellen, dass die mir gegebenen Auskünfte wohl nicht vollständig korrekt waren. Ich habe also den Fehler gemacht, mich alleine auf die telefonischen Auskünfte von MitarbeiterInnen der zuständigen Fachreferate zweier Landesministerien gestützt zu haben und nicht einen eigenen Rechtsbeistand eingebunden zu haben. Es handelt sich dabei offenkundig um einen Rechtsirrtum, den ich sehr bedauere.

Ich stelle ausdrücklich klar, dass ich niemals

  1. irgendwelche mir nicht zustehenden Ansprüche erhoben habe oder gar – wie falsch aus dem Briefwechsel im FOCUS zitiert – behauptet hätte, mir „stünde irgendetwas zu“. So etwas liegt mir völlig fern!
  2. versucht hätte, irgendetwas zu verbergen. Alle Einkünfte sind gemeldet, was nach meinem Kenntnisstand abzuführen war, wurde abgeführt, jeder Euro wurde voll versteuert.
  3. es darauf angelegt habe, mir einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Dieser würde im Übrigen unter Berücksichtigung aller Regelungen und Steuergesetze nicht wie öffentlich behauptet bei 9.000 Euro liegen, sondern weit darunter.

Aber es geht ja gar nicht um die Höhe eines möglichen geldlichen Vorteils für mich. Für viele Menschen sind solche Beträge sehr hoch – gemessen an dem, was sie zur Verfügung haben. Bis heute liegt mir keine Entscheidung oder gar eine Zahlungsaufforderung des Innenministeriums vor! Wenn eine solche Entscheidung seitens des Ministeriums erfolgen sollte, wozu ich den Staatssekretär Dornquast heute in einem weiteren Schreiben gedrängt habe, werde ich sowohl die Zahlung an die Landeskasse unverzüglich veranlassen, als auch die Steuererklärung für 2008 in den Einkünften nach unten korrigieren. Das Verfahren wäre damit dann abgeschlossen. Der Rufschaden bleibt bei mir – aber das war wohl auch so beabsichtigt!

All dies zeigt, dass es sich um einen noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsvorgang handelt, bei dem ein Teil der Landesregierung den korrekten Abarbeitungsweg zu meinen Lasten verlassen hat. Wissend um das hohe Diffamierungspotential der öffentlichen Darstellung und Diskussion dieser Angelegenheit. Und dies ist der wahre Skandal!

Ich habe den früheren Landtagspräsidenten Kayenburg (CDU) gebeten, Einblick in alle meine diesbezüglichen Unterlagen zu nehmen (d. h. auch die Steuerklärungen, um jeden Eindruck auszuräumen, ich hätte etwas zu verbergen. Er hat dem erfreulicherweise zugestimmt.

Ihr könnt es mir glauben: Ich bin diese schmutzigen Tricks leid! Man fragt sich, was das Ziel dieser Aktionen zu diesem Zeitpunkt ist? Die Vorgänge der letzten Tage legen nahe, dass es sich um eine geschickt vorbereitete Kampagne handelt. Denn in diesem Kontext sind auch die unwahren Äußerungen Carstensens vom letzten Mittwoch zu sehen, ich hätte mit ihm in einem Telefongespräch im Herbst 2007 um meine Pensionsansprüche gefeilscht. Dass dieses schon damals verbreitete Märchen gerade jetzt wieder von ihm ausgegraben und auf derbste Art und Weise vorgetragen wurde, kann nicht nur nach meiner Einschätzung kein Zufall sein.

Auch in diesem Fall muss ich rechtliche Schritte einleiten, denn auch diese Behauptung dient der weiteren Diffamierung meiner Person, sie ist eine üble Verleumdung. Für meinen Teil des Telefonats gibt es einen Zeugen, der neben mir saß und alles mitgehört hat und dies auch öffentlich bestätigt.

Natürlich kann ich die Bürgerinnen und Bürger verstehen, die sich angewidert von dieser Art Politik abwenden. Unsere Demokratie nimmt Schaden – wir in Schleswig-Holstein sollten uns deshalb davor hüten, uns schleichend an andere Maßstäbe des demokratischen Wettbewerbs zwischen Parteien zu gewöhnen.

Auch das, was als Zweikampf zweier Personen dargestellt wird, die sich nicht leiden können, ist etwas, dessen Fortsetzung niemand will – auch ich nicht.

Harte Oppositionsarbeit ja, aber nicht auf diesem Niveau. Daran will ich auch selbst stärker arbeiten.

Ich kann auch die Wählerinnen und Wähler der SPD verstehen, die verunsichert sind und
nicht wissen, was sie nun nach Jahren der vermeintlichen politischen Desorientierung ihrer Partei davon noch zu halten haben. Aber ich will weiter um sie kämpfen – und ich denke, Euch geht es genau so.

Es liegt deshalb vor allem an mir – aber nicht an mir allein, Vertrauensarbeit zu leisten. In dieser konkreten Situation werde ich persönlich aber sicher die Hauptlast zu tragen haben – das ist mir bewusst und ich bitte Euch deshalb um das nötige Grundvertrauen in meine Integrität.

Lasst Euch aber auch bitte nicht den Mut nehmen, überall als starke Stimme gegen die Politik von Schwarz-Gelb aufzutreten. Lasst Euch nicht einschüchtern: Nicht bei der Arbeit, bei Freunden, beim Infostand auf der Straße oder auf dem Marktplatz. Werbt für unsere Politik – und behaltet den Kopf oben. Es gibt keinen Grund sich zu verstecken…erst recht nicht bei solchen schmutzigen Kampagnen!

Wir stehen für eine Politik, die das Gemeinwohl vor den Eigennutz stellt – das ist und bleibt der Unterschied! Und bei allen Vorwürfen, die jetzt zu meinen Lasten erhoben werden, das gilt ganz gewiss auch für mich.

Ich danke Euch, wenn ihr diesen langen Brief bis hierher gelesen habt. Im Internet könnt ihr die bereits erwähnte Erklärung zur Sachlage von mir, aber auch die politische Erklärung von Bettina und Andreas nachlesen, die wir vorgestern veröffentlicht haben.

Es grüßt euch herzlich
Euer
Ralf Stegner